Samstag, 3. Dezember 2022, 20 Uhr, St. Maria Magdalena, Bonn-Endenich
Sonntag, 4. Dezember 2022, 18 Uhr, St. Nikolaus, Bonn-Kessenich
Am Anfang des Konzertes steht die fünfstimmige Motette „Übers Gebirg Maria geht“ von Johannes Eccard (1553-1611). Es handelt sich dabei um die Vertonung eines Textes von Ludwig Helmbold (1532-1598) und es ist eine freie Nachdichtung der Erzählung aus dem Lukas-Evangelium. Geschildert wird der Besuchs Mariens bei ihrer Cousine Elisabeth. Die erste Strophe mündet im Lobpreis Mariens, dem Magnificat. Ganz anders ist die Perspektive der zweiten Strophe, die in fast naiver Anmutung dazu ermuntert, es Maria gleich zu tun, nämlich ebenfalls über die bildhafte Schwelle des Gebirges zu gehen mit dem Ziel, aus vollem Herzen den Lobpreis Gottes nicht nur auszusprechen sondern ihn zu singen. Der aus Thüringen stammende Johannes Eccard war auch Sänger (u.a. in der Hofkapelle Orlando di Lassos in München) und Organist.
Mit zwei marianischen Gesängen schickt der lettische Komponist Rihards Dubra (*1964) die Hörerschaft auf eine spirituelle Reise. Nach seinem Magnificat erklingt das von ihm vertonte „Tota pulchra es Maria“. Dieses Gebet geht auf das 4. Jahrhundert zurück und ist in der Fassung von Dubra ein romantisches Klanggemälde, das die Schönheit Mariens abbilden möchte.
Kaum ein anderer Komponist des 20. Jahrhunderts hat auf dem Gebiet der Chormusik ein ähnlich bedeutendes Oeuvre hinterlassen wie Hugo Distler (1908-1942) – trotz der wenigen Jahre seiner kompositorischen Tätigkeit. Kurz nach seinem Amtsantritt als Kantor und Organist an der Jakobikirche in Lübeck im Januar 1931 begann Distler mit der Komposition kleiner Motetten: 52 Kompositionen, die er unter dem Titel „Der Jahreskreis“ herausbrachte. Seine Neuvertonung eines Volkslieds aus dem 17. Jahrhundert („Maria durch ein Dornwald ging“) zeigt eindrucksvoll eine Melodik, die mit sparsamen Mitteln auskommt.
Verhältnismäßig alt ist der Hymnus „Ave maris stella“, in dem Maria mit dem „Meeresstern“ verglichen wird. Da werden Metaphern und Symbole in Bilder verwandelt. Und dem hat sich ein eher unbekannter Meister auf dem Gebiet religiöser Musik angenähert: Edvard Grieg (1843-1907), in seinem schlicht gehaltenen Werk, das acht Jahre vor seinem Tod entstand.
Der gebürtige Ukrainer Dmitri Bortnianski (1751-1825) studierte in Italien Komposition und wurde später Kapellmeister des russischen Zaren. Sein Chor war in vielen Teilen Europas bekannt. Als Komponist für liturgische Werke der orthodoxen Kirche, die den Einsatz von Musikinstrumenten verbietet, entwickelte Bortnianski einen symphonischen Ansatz der Chorkomposition. Seine geistliche Musik ist in der kirchenslawischen Sprache des 19. Jahrhunderts gehalten. Zu den bekanntesten slawischen Chorwerken gehört die „Cherubinische Hymne Nr. 7“. Dieser Lobpreis entspricht der orthodoxen Vorstellung, wie die Menschen das Wort Gottes am besten verstehen und ihren Glauben bekunden können: beim Singen bzw. beim Hörens des Gesangs.
Seit vielen Jahren ist die Musik des estnischen Komponisten Arvo Pärt (* 1935) bei einem größeren Publikum beliebt. Pärt gilt als einer der populärsten Komponisten zeitgenössischer ernster Musik. Dabei steht kaum ein anderer Komponist der neuen Musik so außerhalb gängiger Trends wie er. Denn Arvo Pärt verwendet Verfahren und Darstellungsformen alter Musik. 1990 schrieb Arvo Pärt für den jährlichen Weihnachtsgottesdienst des King’s Choir in Cambridge „Bogoroditse djevo“. Es ist ein gefühlsgeladener und jubilierender Lobgesang an die Gottesmutter. Der kirchenslawische Text stammt aus der russisch-orthodoxen Liturgie.
Um die 550 einsätzige Sonaten komponierte Domenico Scarlatti (1685-1757) fürs Cembalo. Diese verlangen den jeweiligen Musizierenden eine besondere, schwinderlerregende Fingerfertigkeit ab: etwa Skalenspiele und Treppenläufe. Die Sonate b-moll (K. 27) spielen Cembalisten mit gekreuzten Händen. Auch die Transkription für Harfe ist betörend: geprägt von Wiederholungen und abwärts gerichteten Melodieverläufen. Auch diese Scarlatti-Sonate ist wie ein kleines Theaterstück, in dem verschiedene Motive wie Schauspieler auftreten und dessen Thema der Aufbau und der Verlust von Symmetrie ist.
Das Hauptwerk unseres Konzerts bildet das von Benjamin Britten (1913-1976) komponierte Werk für Chor und Harfe „A Ceremony of Carols“. Nach einem fast dreijährigen Aufenthalt in den USA, komponierte Britten große Teile des Werks bereits auf der Schiffsüberfahrt nach England. Dabei vertonte er altenglische Lyrik zum Weihnachtsgeschehen. Die Uraufführung fand vor 80 Jahren statt: am 5. Dezember 1942.
Die kurzen Sätze der „Ceremony“ sind sehr kontrastreich. Sie werden eingeleitet durch die gregorianische Antiphon „Hodie Christus natus est“. Ein warmes „Wolcum“ („Willkommen“) wird im „Wolcum Yole“ bereitet. Eine ähnliche Fröhlichkeit taucht im Schlusssatz „Deo gracias“ auf. Diese beiden Abschnitte umrahmen die eher introvertierten Stücke wie z.B. „That yongë child“. Jedoch wird auch in den Folgesätzen ab und zu der Überschwang deutlich, der der Freude über die Geburt Jesu Ausdruck verleiht. Im Zentrum des Werkes steht ein flüchtig wirkendes Harfen-Solo, das mit seinem Rhythmus an ein Wiegenlied erinnert, den der Chor im folgenden „In freezing winter night“ nochmals aufnimmt.
Wie ein Nachhall erklingt die gregorianische Eröffnungsantiphon zum Abschluss bzw. Auszug nochmals.
Als junger Mann hatte John Thomas (1826-1913) das Glück, eine Harfe zu gewinnen. Das führte dazu, dass er ein Musikstudium aufnahm. Als Harfenist reiste John Thomas durch ganz Europa und durch die USA und er hatte den renommierten Posten des „Harpist of the Queen“ inne. Neben Sinfonien, Opern und geistlicher Musik komponierte er eine große Anzahl von Stücken für sein Instrument, wie „The minstrel’s adieu“, inspiriert durch ein Gedicht von Thomas Moore.
Drei Weihnachtslieder aus der Ukraine, in denen es um die Freude über die Geburt Jesu geht, stehen am Schluss des Konzerts. In diesen Zeiten wird es für die Menschen in der Ukraine nicht einfach sein, eins ihrer beliebtesten Feste zu feiern. In einigen Teilen der Ukraine gehört es zur Tradition, singend mit Weihnachtslieder n von Haus zu Haus zu ziehen. Und das wird man sich auch in diesem Jahr nicht nehmen lassen. Das Bonner Vokalensemble führt den Chorsatz von „W zelenim nisku“ des ukrainischen Komponisten Myron Datsko (*1961) auf.
Von dem ukrainischen Komponisten und Chorleiter Kyrylo Stetsenko (1882-1922) stammen die Fassungen von „Nowa radist stala“ und „Dobrye wetschir tobi“. Stetsenko gilt als ein
wichtiger Pionier der Verbreitung ukrainischer Volksmusik.
Text: Suitbert Kempkes
Unsere beiden Adventskonzerte 2022 waren Benefizveranstaltungen. Dank Ihrer großzügigen Hilfe konnten wir Spenden in Höhe von 4.800 € an die Ukraine-Hilfe der Don Bosco Mission weitergeben.
Die Gelder werden für die Lebensmittelversorgung in Lviv verwendet, konkret für den Kauf von Mehl für die Bäckerei, sowie für den Kauf dringend benötigter Medikamente. Die Hintergrundinfos, wie die Salesianer vor Ort helfen und was sie üblicherweise an den Schulen und Berufsbildungszentren der Don Bosco Mission machen, können Sie dieser Webseite entnehmen: https://strassenkinder.de/nothilfe/ukraine/harter-winter.
Sonntag, 4. September 2022, 19 Uhr, St. Maria Magdalena, Bonn / Endenich
Baltische Chormusik mit Werken von Pärt, Dubra, Miškinis u.a.
Kurzkonzert im Rahmen der Reihe „Meine Zeit. Musik am Sonntagabend“.
Im Rahmen der Reihe „Meine Zeit“ singt das Bonner Vokalensemble ein 25-minütiges Kurzkonzert mit baltischer und nordischer Chormusik. In den Werken von Nystedt, Dubra, Miskinis, Kreek, Grieg und Pärt stehen Lob und Preis Gottes sowie Mariens im Vordergrund – mal mit orthodoxen Anklängen, mal rhythmisch, mal plakativ, mal jubelnd, mal schlicht und zurückhaltend oder eben einfach nur schön.
In seinen Konzerten lädt das Bonner Vokalensemble ein zu einem harmonischen Feuerwerk! Es steht die Musik der Renaissance und des Frühbarock mit ihren schillernden Harmonien der ebenso farbenreichen zeitgenössischen Musik gegenüber.
Anstelle von Salome Schneider spielt die Cellistin Caroline Steiner die Suite Nr. 5 von J.S. Bach.
Leitfaden des stimmungsvollen Programms ist der lateinische Text „Tristis est anima mea“ („Meine Seele ist betrübt“), der sich auf die Einsamkeit und Verlassenheit Jesu in der Nacht vor der Kreuzigung bezieht. Dunkelheit und schmerzvolle Vorahnung kontrastieren mit den verblüffend farbenfrohen Klängen dieser Karwochen-Musik.
Obwohl es sich bei den Werken Orlando di Lassos und Carlo Gesualdos um Jahrhunderte alte Musik handelt, könnte man meinen, dass ihre Kompositionen aus viel modernerer Zeit stammen, so ungewöhnlich sind die Akkordfolgen.
Umgekehrt beziehen sich die Kompositionen des 20. und 21. Jahrhunderts auf die alten Tonsatztraditionen. So dient Maurice Duruflé und Ola Gjeilo ein gregorianischer Choral als Vorlage für ihre Stücke. Und bei der Schlussphrase der Motette „Timor et tremor“ drängt sich dem Zuhörer der Gedanke auf, dass Francis Poulenc auf jeden Fall das gleichnamige Werk Orlando die Lassos gekannt haben muss; so sehr gleichen sich Sprachduktus und Akkordfolgen. Morten Lauridsen nimmt in seinem „Fire-Song“ Bezug auf die Renaissancemusik. In dieser Verknüpfung von alt und modern und ihren bemerkenswerten bis abenteuerlichen Harmonien erscheint die lineare Folge der Epochen wie aufgehoben.