Samstag, 16. November 2019, 19 Uhr, St. Maria Magdalena, Bonn/Endenich
Sonntag, 17. November 2019, 18 Uhr, St. Elisabeth, Bonn/Südstadt
Requiem von Maurice Duruflé und weitere Werke von Duruflé und Jean Langlais
Leitung:
Ulrike Ludewig
Aufführende:
Johannes Pflüger, Orgel
Cordula Hörsch, Mezzosopran
Christoph Scheeben, Bariton
Zu den beeindruckendsten Vertonungen der lateinischen Totenmesse gehört das Requiem, das Maurice Duruflé Mitte des 20. Jahrhunderts komponiert hat. Basierend auf Themen der
gregorianischen Totenmesse bezaubert es vor allem durch seinen tröstend kontemplativen Grundton. Im Konzert des Bonner Vokalensembles wird es in der Fassung für Chor, Orgel und
Solisten erklingen.
Ergänzend werden die Quatre Motets von Duruflé und ein Orgelwerk von Jean Langlais
zu hören sein, denen ebenso wie dem Requiem gregorianische Melodien zugrunde liegen.
Maurice Duruflé (1902-1986) kam schon früh mit Musik in Berührung. Von 1912 bis 1918 war er Schüler der Chorschule, die zur Kathedrale von Rouen gehörte. Hier begann seine Vorliebe für den gregorianischen Gesang. Während dieser Zeit bekam der junge Duruflé Klavier- und Orgelstunden und lernte Musiktheorie. Der Weg zu einem Fachmann, Musiker und Komponist für religiöse Chorwerke und Orgelmusik war somit vorprogrammiert. Mit nicht einmal 30 Jahren war Duruflé schon ein weit über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannter Organist.
Parallel zu seinem Organistenleben komponierte Duruflé. Zu seinen Kompositionslehrern gehörte niemand geringerer als Paul Dukas. Zu Beginn der 1940er Jahre schrieb Duruflé sein Requiem, das er 1947 vervollständigte. Die Fassung für Mezzosopran, Bariton, gemischten Chor und Orgel wird in diesen Konzerten aufgeführt. Mehr als ein Jahrzehnt später bearbeitete der Komponist sein Requiem, für das er schon zu Lebzeiten allergrößte Anerkennung erhielt, erneut. In diese Zeit fällt auch die Komposition seiner vier Motetten („Quatre Motets sur des thèmes grégoriens“) für gemischten A-capella-Chor. Wie der Originaltitel bereits andeutet, waren auch hier gregorianische Gesänge die Quelle der Inspiration. Aus diesem Grund wird das Bonner Vokalensemble jeder Motette den jeweiligen gregorianischen Choral – beziehungsweise Teile daraus – voranstellen.
Die erste Motette basiert auf der Antifon der Gründonnerstagsliturgie „Ubi caritas et amor“.
Gewidmet der Gottesmutter, wird „Tota pulchra est“ nur von den Frauenstimmen gesungen. Die Motette untermalt durch den weichen und lebendigen Klang die Reinheit und Unschuld Mariens. Das dann folgende „Tu es Petrus“ ist eine besonders kräftige und knappe Darstellung des Gründungsspruchs der christlichen Kirche – ein dramatisches Crescendo, das in einem einzigen Fortissimo gipfelt.
Das abschließende „Tantum ergo“ ist schönes Beispiel für eine polyphone Komposition: Sopran und Tenor singen versetzt den Cantus firmus, während Alt und Bass die Mehrstimmigkeit farblich anreichern.
Zu der Clique vielversprechender junger Organisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Frankreich gehörte neben Duruflé auch Jean Langlais (1907-1991). Auch er bezog sich in seiner „Hymne d’action de grâce ‘Te Deum‘'“ auf gregorianische Musik. Diese Hymne stammt aus den „Trois Paraphrases grégoriennes“, die Langlais in den Jahren 1933/34 schrieb und die die Klangkraft der Orgel gleich zu Beginn majestätisch unter Beweis stellt. Sie beginnt mit einstimmigen Zitaten der gregorianischen Melodie des „Te Deums“, die im Folgenden immer wieder unterbrochen werden, einer Mischung aus Zitat und kunstvollem Kommentar. Die manchem vertraute gregorianische Melodie wandert im zweiten Teil sogar in die tiefen Orgelpedalregister. Diese rhapsodische Bearbeitung des mittelalterlichen Hymnus endet mit mächtigen Akkorden und schnellen Klangkaskaden.
Maurice Duruflé begann mit der Komposition seines Requiems bereits 1941, sechs Jahre später war die Fassung mit großem Orchester und eine zweite mit Orgelbegleitung fertig. Er nahm das Requiem seines Landsmanns Gabriel Fauré, das dieser 1887 geschrieben hatte, zum Vorbild. Dieses wich von der traditionellen Totenmesse in verschiedener Hinsicht ab. So verzichtete Fauré, und in gleicher Zurückhaltung auch Duruflé, auf eine dramatisierende Darstellung des „Dies irae“. Beide beschränkten sich in ihren Vertonungen auf dessen letzten Vers „Pie Jesu“.
Wie Fauré fügte auch Duruflé das „In paradisum“ an. Beiden Komponisten war es in ihren jeweiligen Kompositionen des Requiems ein Anliegen, ein friedvolles Bild des Todes zu zeichnen und statt der Dramatik des Jüngsten Gerichts Empfindungen wie Sanftmut und Hoffnung zu zeigen. Theologisch ausgedrückt rückten beide jeweils die Idee der Auferstehung ins Zentrum ihrer Deutungen.
Darüber hinaus verarbeitete Maurice Duruflé die überlieferten gregorianischen Choräle und kombinierte diese mit den Klangfarben von Komponisten wie Debussy, Ravel und nicht zuletzt seines Lehrers Paul Dukas.
Entsprechend wird der Eröffnungsgesang (Introit) „Requiem aeternam dona eis“ von den Männerstimmen über einem Klangteppich der Orgel intoniert.
Das feierlich-wuchtige Kyrie bietet demgegenüber eine mehrstimmige Auffächerung des Klangs. Der Gesang zur Gabenbereitung (Offertorium) „Domine Jesu Christe“ ist besonders in den „Libera eas“-Strophen dramatischer angelegt, wobei auch hier lyrische Passagen dem sanften Grundcharakter des Werks Rechnung tragen.
„Sanctus“ und „Benedictus“ werden von bewegten Orgelfigurationen eröffnet, während die Frauenstimmen den gregorianischen Choral aufgreifen.
Die Motette „Pie Jesu“ gestaltete Duruflé als eine Art Zwischenspiel, doch tatsächlich ist sie auch Mittelpunkt des Requiems: das Solo des Mezzosoprans, das in Verbindung mit dem Solo-Cello und der Orgel eine kontemplative Stimmung auslöst.
Das „Agnus Dei“ orientiert sich wieder strenger an der gregorianischen Vorlage, während das „Lux aeterna“ von den anderen Stimmen in eine impressionistische Klangwelt geführt wird.
Das darauf folgende „Libera me“ setzt dramatischere Akzente, ohne den von Duruflé beabsichtigten tröstlichen Rahmen seiner Totenmesse am Ende zu verlassen.
Im abschließenden Hymnus wird diese lyrisch-friedvolle Perspektive verstärkt. Bei „In paradisum“ verwendete er gregorianische Choralmusik mit impressionistischer Einfärbung und sorgt so eindrucksvoll und mit sinnlichen Akkorden des vollen, engelhaften Chores für den Wunsch, dass die Seele in den Himmel Eingang finden möge.
In Maurice Duruflés Requiem wird mit vergleichsweise äußerst sparsamen Mitteln eine maximale Wirkung erzeugt, um das Geheimnis vom Lebensende des Menschen künstlerisch aufzugreifen.
Suitbert Kempkes
Sonntag, 26. Mai 2019, 16 Uhr, St. Aposteln, Köln
A capella-Programm mit Chormusik aus neun Jahrhunderten
Leitung:
Ulrike Ludewig
Aufführende:
Bonner Vokalensemble
Weitere Informationen zur Konzertreihe >> hier.
Samstag, 11. Mai 2019, 19 Uhr, Rosenkranzkirche, Bad Neuenahr
Eine chormusikalische Reise durch Zeit und Raum mit Werken von Hildegard von Bingen, Giovanni Gabrieli, William Hawley u.a.
Leitung:
Ulrike Ludewig
Aufführende:
Bonner Vokalensemble
Juliacum Brassers
Musik erzielt dann eine besondere Wirkung, wenn sie im Raum stattfindet. Dann erst bekommt der Klang die gewünschte Resonanz.
Das Bonner Vokalensemble unternimmt an diesen Abenden eine Klangreise durch Zeit und Raum. Mit Werken vom Mittelalter hin zu zeitgenössischer Chormusik und dem Schwerpunkt Renaissance umfasst das Programm eine Zeitspanne von neun Jahrhunderten.
Durch unterschiedliche Choraufstellungen im Klangraum Kirche wird das Konzert zu einem wahren Raumklangerlebnis, etwa durch die mehrchörige Musik von Giovanni Gabrieli. Hierbei wird das Bonner Vokalensemble verstärkt durch das vierköpfige Brass-Ensemble Juliacum Brassers, das auch mit eigenen Darbietungen zu hören sein wird.
Ein Lobgesang steht am Anfang des Konzerts: die Motette „Ave generosa“. Die Benediktinerin Hildegard von Bingen (1098-1179) war nicht nur Schriftstellerin und Heilkundige und vieles andere mehr, sondern auch Komponistin. Ihr genügte nicht der begrenzte Tonumfang gregorianischer Choräle und liturgisch-textliche Vorgaben, sondern sie schrieb für ihr Kloster eigene Gesänge: sowohl Melodie als auch Text. Ihr Hymnus „Ave generosa“ vergleicht die Gottesmutter Maria mit einer weißen Lilie. Die Rolle, die Maria in der christlichen Heilsgeschichte einnimmt, umkreist Hildegard in meditativer Weise: Maria empfing Jesus, den „Gott auf Erden“, trug ihn in sich und hat ihn zur Welt gebracht.
Rund zweihundert Jahre später hielt der flämische Komponist Guillaume Dufay (ca. 1400-1474) sich - anders als Hildegard von Bingen - an einen feststehenden Text der Stundenliturgie in seinem „Ave Regina caelorum“. Auch Dufays Komposition ist ein Lobgesang zu Ehren Mariens. Dargestellt wird die reinste Freude. Zwar gab es schon weit vor Dufay Mehrstimmigkeit im sakralen Raum. Doch Dufays Verdienst, die Mehrstimmigkeit zu kultivieren und sie verbindlich einzuführen, wurde zu einem unschätzbaren Maßstab europäischer Musik – besonders über die folgenden beiden Jahrhunderte hinweg bis zu den Werken des Komponisten Palestrina.
Mehr als eine Generation nach Dufay wirkte der Nordfranzose Josquin Desprez (ca. 1450-1521). Er entwickelte die Mehrstimmigkeit in seiner Musik weiter. Es mag absurd erscheinen, einen Schlager wie „La Paloma“ mit einem französischen Volkslied des frühen 15. Jahrhunderts zu vergleichen. Aber so wie wir uns bei „La Paloma“ sofort eine Melodie vorstellen, die bereits über 130 Jahre alt und immer noch nicht vergessen ist, so müssen wir uns das auch bei dem Lied „L’homme armé“ vorstellen, das auch nach 130 Jahren noch in den Köpfen vieler Westeuropäer, zumal der Musikschaffenden, präsent war. Die ersten Töne dieses Gassenhauers über einen bewaffneten Mann, wurden gern als Grundtöne für geistliche Musik genommen. Viele Messen haben daher den Beinamen „L’homme armé“, weil jeder der Teile vom Kyrie bis zum Agnus Dei mit dieser Melodie beginnt und teilweise auch von ihr durchzogen ist. Bereits Guillaume Dufay komponierte in den 1450er Jahren eine Messe, die auf dieser Tonfolge basiert und knapp 50 Jahre später auch Josquin Desprez. Es ist recht eigensinnige Musik, die ihn von allen Zeitgenossen durch ihre Modernität unterschied. Seine Messe „L’homme armé“ galt seinerzeit als eine der kunstvollsten liturgischen Kompositionen.
Anders als bei dem Volkslied vom bewaffneten Mann basiert die Missa pange lingua von Josquin Desprez auf einer seinerzeit schon Jahrhunderte alten Tonfolge des gregorianischen Gesangs. Die Grundmelodie der Corpus-Christi-Hymne „Pange lingua gloriosi“ ist sehr mit der Neukomposition von Josquin Desprez verschmolzen - so sehr, dass sie kaum wiedererkennbar ist. Der Komponist verwendete nur Konturen des überlieferten Hymnus, um selbst den Fortgang der melodischen Zeilen zu bestimmen, wobei alle möglichen Einfügungen und rhythmische Ausschmückungen hinzukommen. In der instrumentalen Bearbeitung einiger Teile wird das besonders deutlich.
Nach der Mehrstimmigkeit der Renaissance-Zeit erklingt Close-Harmony-Musik unserer Zeit. Es ist geistliche Musik des vielseitigen US-amerikanischen Stimmwunders und Vokalartisten Bobby McFerrin (*1950). Er vertonte 1989 den beliebten Psalm 23 („Der Herr ist mein Hirte“) in weiblicher Form – kein Wunder: die Komposition ist seiner Mutter gewidmet.
Nicht nur die Musik Bobby McFerrins ist in starker Weise an das Wort gebunden, auch das Gesamtwerk des US-Amerikaners Charles Ives (1874-1954) besteht zu einem großen Teil aus Textvertonungen. Neben Liedern schrieb er 40 Chorwerke, deren geistliche Chormusik schon früh, nämlich von 1888 bis 1902 entstand. Zu dieser Zeit war der junge Charles Ives Organist verschiedener protestantischer Gemeinden seiner Heimatstadt Danbury. Vielleicht wegen seines jungen Alters scheute er sich nicht, geistliche Chormusik zu schreiben, die Sänger wie Hörer gleichermaßen provozierte. Seine Vertonung von Psalm 67 („Gott sei uns gnädig und segne uns“) stammt aus dem Jahr 1894 und wurde 1898 nochmals überarbeitet. Er verwendet gleichzeitig zwei Tonarten: Sopran und Alt singen in C-Dur, Tenor und Bass in g-Moll, was zu schwebenden Klangeffekten führt.
Zu den alten marianischen Hymnen gehört „O Maria maris stella“, in dem Maria als Stern des Meeres gezeigt wird. Diese Lichtfülle demonstriert der US-amerikanische Komponist William Hawley (*1950) in seiner Komposition „O Maria maris stella“. Das Werk wurde 1997 uraufgeführt und beruht ausdrücklich auf einer Mischung von textlicher Tradition und musikalisch neuen Harmonien. Das achtstimmige Werk ist in acht Teile untergliedert und bildet so eine musikalisch-architektonische Struktur.
So wie andere europäische Komponisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sich mit der Folklore ihrer jeweiligen Heimat beschäftigten, diese sammelten und bearbeiteten, so sammelte auch der estnische Komponist Cyrillus Kreek (1889 – 1962) Volksmusik seiner Heimat. Auch er interpretierte die Folklore neu und gab ihr eine neue Form. In seinen Psalmvertonungen aus dem Jahr 1923 ist die Klarheit zu spüren, die charakteristisch für die Volksmusik Nordosteuropas ist. Hinzu kommt Tiefe und Friedlichkeit, in der er die Leidenschaftlichkeit des Glaubens vermittelt. Er wählte dafür seine Muttersprache Estnisch und kombinierte orthodox-religiöse Musik mit der Schönheit und Eigenwilligkeit der traditionellen estnischen Musik. „Kiida, mu hing, Issandat!“ (Lobe, den Herrn, meine Seele“) zitiert zwei Verse des Psalms 104. „Issand, ma hüüan Su poole“(„Herr, ich rufe zu dir“) basiert auf zwei Versen von Psalm 141. „Õnnis on inimene“ („Wohl dem Menschen“) enthält Verse der Psalmen 1 bis 3.
Die Renaissance-Komponisten Guillaume Dufay und Josquin Desprez haben jeweils einige Jahre in Italien verbracht, was in ihrer Musik Spuren hinterließ. Zu den herausragenden Positionen in der Musikwelt Italiens gehörte auch das Amt des ersten Organisten an San Marco in Venedig. Zwanzig Jahre hatte Andrea Gabrieli (ca. 1532-1585) diese Stelle und später zusätzlich die des Kapellmeisters inne. Das bedeutete, dass Andrea Gabrieli auch im Dienst der Republik Venedig im Dogenpalast anzutreffen war. Sein „Ricercar del duodecimo tuono à 4“ weist eine Verschachtelung einzelner Stimmen auf. Ihr Verhältnis zueinander ist stark beeinflusst von der venezianischen Mehrchörigkeit der religiösen Musik. Denn der Markusdom mit seiner breiten Konstruktion und seinen Emporen ermöglichte eine raumnutzende Inszenierung, eine Mehrchörigkeit, die im abschließenden Konzertteil erlebbar wird.
Ebenfalls Kirchenmusiker und Hofkomponist war der im heutigen Belgien geborene Martin Peudargent (ca.1510-ca.1590). Am Jülich-Klevischen Hof in Düsseldorf war er ab Mitte des 16. Jahrhunderts tätig und brachte die Musik der rheinische Renaissance zum Klingen, wie in der Motette „In afflictione mea“, die die Juliacum Brassers in einer Fassung für Bläser spielen.
Wie die Architektur eines Sakralbaus dazu führt, dass sich Musik außergewöhnlich entwickelt, dafür ist San Marco in Venedig ein Paradebeispiel. Denn der Innenraum des Markusdoms bot besondere Gestaltungsmöglichkeiten durch Architektur und Akustik, prädestiniert für die Teilung der Musiker in verschiedene Gruppen. Festmessen konnten von bis zu sieben Punkten aus gesungen und gespielt werden. Chorgruppen und Instrumentalensembles waren nicht nur auf verschiedenen Emporen, sondern auch in Nischen platziert. Das führte dazu, dass die venezianische Liturgie zu einem Höhepunkt geistlicher Musik der Spätrenaissance wurde.
Wesentlich an dieser Entwicklung beteiligt war der Neffe Andrea Gabrielis: Giovanni Gabrieli (1557-1612). Seine Vertonung einiger Teile des Ordinarium missae in seinen Symphoniae sacrae (1597), lassen erkennen, dass er sich zwar an den kirchenmusikalischen Regularien orientierte, doch auf eigene Interpretation ebenso wenig verzichten wollte. Diese waren auch der Architektur des Markusdoms geschuldet. Im „Kyrie“ wird jedoch auch deutlich, dass eine allzu filigrane Ausschmückung nicht möglich war, sondern die einzelnen Gruppen eher großflächig erscheinen, jedoch durch das Abwechseln der einzelnen Stimme eine Lebendigkeit entsteht. Besonders im festlichen „Gloria“ wird dieses noch verstärkt durch den raschen Wechsel der drei Ensembles.
Gabrieli leitete im Markusdom auch Bläser und Streicher, die für unterschiedliche Klangfarben sorgten. Diese Instrumentalisten verstärkten oft die Chorsänger. Darüber hinaus schrieb Gabrieli auch reine Instrumentalmusik: „Canzonen“, die im Gottesdienst ihren Platz hatten. Zu diesen gehört die „Canzona seconda a quattro“ aus dem Jahr 1608.
Auch bei „Plaudite, psallite, iubilate Deo, omnis terra“ spielte Giovanni Gabrieli mit dem Raum und ermöglichte eine Art Dialoge, bei denen er mit dem Gefühl für den Raum drei Gruppen ausbalancierte. Nicht nur die Chöre wechseln einander ab, auch in Text und Melodie wird ein Unterschied gemacht zwischen Strophe und Refrain, aus dem das Alleluja effektvoll hervorspringt.
Giovanni Gabrielis Symphoniae sacrae wurden zu einem Höhepunkt inszenierter geistlicher Musik. Wenige Jahre später, mit der Eröffnung des ersten Opernhauses, lief das Musiktheater der Musikpraxis
an San Marco zunehmend den Rang ab.
Suitbert Kempkes
Eine Konzertkritik finden Sie >>> hier.